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22.07. 2008: Güterbahnhof Nord
Redemanuskript GR – Sitzung vom 22.7. 08
Bebauungsplan Güterbahnhof Nord
Die Entwicklung, die Planung und Bebauung des Areals „Güterbahnhof-Nord“
Dürfte mit das spannenste Projekt in der Stadtentwicklung Freiburgs des nächsten Jahrzehnts sein.
Und eines der wichtigsten.
Mit ca. 40 ha (oder wie in der Zeitung zu lesen war: 56 Fußballfeldern) und einer möglichen Brutogeschossfläche von ca. 375.000 qm ist es die größte entwickelbare Binnenfläche unserer Stadt.
Einher mit der Bedeutung der Fläche geht die Wichtigkeit,
das Richtige zu tun,
gut zu planen
und das heisst hier insbesondere: zukunftsorientiert.
Herr Bull, langjährig als Sachverständiger Bürger im Bauausschuss, hat durchaus Recht mit seiner Anmerkung, dass die Stadt das Gelände eigentlich hätte käuflich erwerben müssen. Wir wissen, es gab Verhandlungen und leider sind sie gescheitert.
So wird die Planung – und die Planungshoheit liegt bei der Stadt – komlizierter, weil sie mit der Eigentümerin abgesprochen werden muss.
Und die Planung hat sich schon verbessert, sich gewissermaßen auf uns zubewegt.
Es ist von großzügigen Ausnahmeregelungen für Wohnen die Rede, wir begrüßen sehr die Einrichtung eines Gestaltungsbeirates für diese Entwicklung und freuen uns sehr über den Erhalt des alten Zollhallengebäudes.
Dennoch: die jetzige Konzeption hat unseres Erachtens noch einige Defizite:
Die Planung hat eine gewisse Beliebigkeit und eine gewisse „Kleinkariertheit“. Kleinkariertheit im wörtlichen Sinne: kommt ein Investor uns hat eine Interesse an einem Grundstück oder einem „Karee“, dann wird dieses beplant, kommt eine nächste Investorin, dann wird das „Karree“ oder Grundstück beplant. „Vorhaben- oder besser: Investorenbezogen“ ist dies.
Notwendig wäre unseres Erachtens jedoch –
Und damit komme ich zu unserem Antrag -
eine Gesamtplanung.
Zuerst einmal ein stadtentwicklungspolitisches Konzept, dann ein städtbauliches, ein Verkehrs- und Energiekonzept, ein Vermarktungskonzept usw.
Und zwar eine Planung, die berücksichtigt, dass wir es mit einem Areal zu tun haben, das vielleicht 2020 entwickelt sein wird und dann für 50 oder 100 Jahre tauglich sein muss. Das heisst, wir müssen überlegen, was ist notwendig und richtig für die Zeit ab 2020 bis weit in die 2. Hälfte dieses jahrhunderts.
Wie sieht Arbeiten dann aus?
Wie sieht Wohnen dann aus?
Wie werden Verkehr und Energiebedarf dann organisert?
Welchen Beitrag zu einer „Stadt der kurzen Wege“ leistet dieses Areal?
Ist das Güterbahn-Gelände daruf ausgelegt, vielelicht einmal einen Beitrag leisten zu können zu einer „Null-Emissions-Stadt Freiburg?“
Usw. usw.
Ohne ein Gesamtkonzept, eine Gesamtplanung bleibt notgedrungen vieles Stückwerk. Das wäre schade und der Bedeutung dieses Areals nicht angemessen.
Wir sind in diesem Zusammenhang auch der Auffassung, dass das allzu starre Festhalten an einer reinen Gewerbenutzung, an einer Ausweisung als reines Gewerbegebiet (mit den Ausnahmen VAG-Betriebshof und SO Einzelhandel) der optimalen und zukunftsorientierten Entwicklung des Areals nicht förderlich ist.
Alle wissen, dass hier im Wesentlichen Gewerbe angesiedelt werden soll, dass eben nicht unverträglich mit einer Wohnnutzung ist.
Alle wissen, dass der Trend bei der Arbeit dahin geht, dass „das von 9 bis 5 Arbeiten im Büro oder in der Werkhalle“ immer mehr abnimmt.
Alle wissen, dass gerade in den Bereichen der „Kreativitätswirtschaft“, die sich hier ansiedeln soll, die Grenze zwischen Wohnen und Arbeiten immer mehr abnimmt – und weiter abnehmen wird.
Diesen Trends sollten wir Rechnung tragen.
Schließlich sind wir der Auffassung, dass ein derartig bedeutendes Projekt einer Planung nach den Kriterien des Gender Mainstreaming bedarf.
Wenn die Stadt die Anwendung des Gender Mainstreaming ernst nimmt, darf sie dieses Gebiet nicht beplanen ohne die Aspekte des gender Mainstreaming zu berücksichtigen – und das ist bitteschön eben etwas mehr als nur zu sagen:
Dann planen wir eben auch noch zwei KiTas mit.
Genauso fehlt in dieser Vorlage ein Wort zur Kultur.
Alle wissen, dass Kultur ein eminent wichtiger „weicher Standortfaktor“ ist.
Dies gilt in ganz besonderer Weise für das moderne und kreative Gewerbe, das sich auf dem Güterbahnhofareal ansiedeln soll.
Gastronomie, gute Architektur der Gebäude, wie des gesamten Ensembles, attraktive kulturelle Einrichtungen – all dies wird wesentlich zur Attraktivität des Areals beitragen können – und muss entsprechend in der Planung berücksichtigt werden.
Damit kommen wir zum Schluss zu einigen Aspekten stäftebaulicher Überlegungen:
Eine Wegestruktur ist weitgehend vorhanden und kann übernommen werden.
Es würde sich anbieten, den Platz in der Mitte zu mehr werden zu lassen als zu einer Kreuzung, hier würde sich anbieten, den Platzcharakter noch stärker herauszuarbeiten und zu betonen. Und damit auch echte Platz-Nutzungen zu ermöglichen.
Die drei vorgesehenen Türme sind nicht grundsätzlich falsch. Zu überlegen ist aber, ob ein solcher Turm in unmittelbarer Nähe zum Alten Zollhallengabäude dieses nicht erdrückt und im wahrsten Sinne des Wortes „in den Schatten stellt“.
Wobei grundsätzlich zu bedenken ist, dass anders als in der lateinischen Schrift in der Architektur Ausrufezeichen auch horizontal gesetzt werden können und nicht zwingend vertrikal in die Höhe gehen müssen.
Die gestalterische Qualität des gesamten Viertels wird in jedem Falle über Attraktivität und Zukunftschancen dieses Areals ganz wesentlich mitentscheiden.
Die Entwicklung des Güterbahnhof-Geländes ist ein tolles Projekt.
Mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag können Sie einen wertvollen Beitrag leisten, es noch toller zu machen.